Wednesday 29 November 2017

Trikont@50

Ein halbes Jahrhundert schräge Klänge

Das älteste Independent-Label Deutschlands, die Münchner Schallplatten-Firma Trikont, feiert 50. Geburtstag 

Geburtstagsparty: 30. November, München Feierwerk mit Attwenger, Eric Pfeil, Coconami etc.


cw. Trikont schwimmt gegen den Strom. Das Münchner Label ist keine Schallplatten-Firma für den Mainstream, sondern ein Musikunternehmen, das sich den musikalischen Außenseitern widmet und die Stilformen an den Rändern pflegt: widerborstige Volksmusik aus den Alpen, verschrobener Pop, kauzige Singer-Songwriter, „Roots Music“ aus unterschiedlichen Gegenden der Welt bestimmen den Katalog. Dazu kommen knisternde Schellack-Wiederveröffentlichungen sowie knackige Blasmusik. Trikont hat Hans Söllner, Ringsgwandl, Attwenger, Funny van Dannen und La BrassBanda bekannt gemacht und die Öffentlichkeit auf finnischen Tango, griechischen Rembetika, Cajun, Zydeco und Klezmer gestoßen, auch das „American Yodeling“ wiederentdeckt! Fast 500 Alben mit schrägen Klängen hat das älteste Independent-Label Deutschlands in 50 Jahren veröffentlicht. Ein Buch von Christof Meueler und Franz Dobler mit dem Titel „Die Trikont-Story – Musik, Krawall und andere schöne Künste“ zeichnet zum goldenen Jubiläum auf 470 Seiten mit vielen Bildern die bewegte Geschichte nach.

Mitten im Vorstadtlärm von München-Giesing – die Straßenbahn fährt direkt am Haus vorbei – tut sich hinter einem Bretterverschlag ein kleines grünes Idyll auf. Dort befindet sich das Hauptquartier des Trikont-Verlags, wo im Sommer die Belegschaft zur Mittagszeit im Hof am Biertisch „Brotzeit“ macht. Seit den Gründerjahren hat sich einiges verändert, wobei die Schallplatten-Hüllen und Konzert-Plakate an den Wänden von der bewegten Geschichte des Labels erzählen. Der rustikale Charme der frühen Jahre hat sich nur noch ganz hinten im obersten Stock im Büro von Labelboss Achim Bergmann erhalten, wo Überbleibsel und Souvenirs aus 50 Jahren das Ambiente bestimmen.


Trikont wurde als Buchverlag in den turbulenten Jahren der Studentenrebellion gegründet. Mit den Tagebüchern von Che Guevara und der „Mao-Bibel“ wurde der Verlag zu einer Institution im subkulturellen Milieu, wo Themen wie Arbeiterpolitik, Feminismus, Regionalismus und linke Theorie den Diskurs bestimmten. 1971 kam zu den Büchern eine Schallplatten-Produktion dazu. Der Buchverlag vollzog Ende der 1970er Jahre eine esoterische Wende und ging danach Pleite, während das Label am Leben blieb.

Die irischen Folkpunkband The Pogues fungierte in den 1980er Jahren als Wegweiser. Seit Bergmann die Band gehört hatte, träumte er davon, eine derart verwegene Mischung aus traditionellen Klängen und wildem Punk auch im Alpenraum aufzuspüren. Das Duo Attwenger aus Linz erfüllte mit seinen zerhackstückelten Landlermelodien und rockigen Grooves die Erwartungen. Trikont entdeckte darüberhinaus Southern Soul, Rembetika, Hillbilly, Cajun und Zydeco und gab die „Flashback“-Sampler, die „Raren Schellacks“ und die „Stimmen Bayerns“ heraus. Das Lokale und Regionale wurde zu einem Markenzeichen des Labels. Das Programm bestimmten nun Klänge eigensinniger Alltagskulturen, die in Musikstilen Ausdruck fanden, die sich von der Industrie nicht vereinnahmen ließen.

Trikont-Artists: Coconami  
Anfang der 1990er Jahre kam Eva Mair-Holmes an Bord. Die Augsburgerin hatte bei freien Radios gearbeitet und brachte frischen Wind ins Trikont-Universum. Sie sorgte dafür, dass das Label nicht zu sehr ins Kauzige abdriftete, sondern sich der Jetzt-Zeit stellte und aktuelle Pop-Strömungen aufgriff. Trikont expandierte. Eine eigene Konzertagentur kam dazu. Heute bestimmen Kofelgschroa, Embryo, Eric Pfeil, Coconami und die Express Brass Band das Programm, die für Klänge stehen, die weder Folk, noch Weltmusik sind, sondern in Richtung Pop tendieren, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen. Diese Künstler sorgen dafür, dass „unsere Stimme“ (Trikont-Slogan) auch auf der aktuellen Musikszene deutlich zu vernehmen ist.

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