Friday 7 September 2012

Hörempfehlung 2: MARC COPLAND - Feingeist


Marc Copland - Some More Love Songs



von Christoph Wagner

Marc Copland gilt als Feingeist unter den Pianisten des zeitgenössischen Jazz. Sein Spezialgebiet: Balladen. Seine Lieblingsformation: das Pianotrio. Copland hat für sein aktuelles Ensemble zwei ebenso erfahrene wie virtuose Instrumentalisten herangezogen, die beide zur Creme der New Yorker Szene zählen: der Kontrabassist Drew Gress und der deutsche Schlagzeuger Jochen Rueckert, der schon seit Jahre in der Ostküsten-Metropole lebt. Die drei begegnen sich auf gleicher Augenhöhe. Hier spielt kein Pianist mit einer Rhythmusgruppe, sondern eine Gruppe, die als Einheit agiert.
Im Repertoire haben die drei Stücke, die überwiegend dem “Great American Songbook” entnommen sind, abgesehen von einem Titel der amerikanischen Singer/Songwriterin Joni Mitchell und eine Nummer, die der Bandleader selbst beigesteuert hat.
Es ist die Musik der 50er Jahre, die Copland fasziniert, als das Jazzpianotrio eine fruchtbare Phase durchlief. Er beruft sich dabei eher auf die weiße Pianotradition eines Bill Evans’ oder Don Friedmans, als auf die schwarzen Bebopper Bud Powell und Thelonious Monk. Die lyrisch-sensiblen Seite des Jazz ist seine Welt.
Konzeptionell bewegen sich die drei eher im konventionellen Rahmen . Nie wird das Songformat aufgebrochen oder gesprengt, wie es heute so manches andere zeitgenössische Pianotrio tut, sondern die Struktur dient als Medium der improvisatorischen Reflektion und Versenkung. Souverän werden Melodien weitergesponnen und ins Poetische transformiert, wobei sich Copland als empfindsamer Geist erweist, der Atmosphären und Stimmungen zu erzeugen und zu gestalten weiss.
Nach der Vorstellung des Themas übernimmt oft der Kontrabass für ein paar Sequenzen die Führung. Danach geht der Staffelstab an Copland über, der das Thema raffiniert umspielt, um ihm neue Dimensionen abzugewinnen. Dabei entsteht eine versonnene Welt aus Tönen, die leicht, ja fast schwerelos durch den Raum schweben und geradezu enthoben und entrückt erscheinen. Hier sind keine Bilderstürmer am Werk, sondern Musiker, die sich in bewährte Formen vertiefen, um daraus frische Funken zu schlagen, was auch eine Meisterschaft sein kann. 

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